Lenze Gruppe - führendes Antriebs- und Automatisierungsunternehmen für den Maschinenbau
Lenze SE

Volle Kraft voraus

Digitalisierung konsequent umgesetzt: Lenze startet mit EPLAN und German Edge Cloud in eine neue, digitalisierte Ära

Es gibt zahlreiche Beispiele digitaler Transformation, die vordergründig unspektakulär verlaufen, aber nicht minder spektakuläre Ergebnisse hervorbringen. Beispiel Lenze. Das Automatisierungsunternehmen für den Maschinenbau hat sich mit einer Taskforce und externer Expertise von Technologieführern wie EPLAN und German Edge Cloud die Digitalisierung auf seine Fahnen geschrieben. Dafür drehten die Niedersachsen so ziemlich alles Digitale und Analoge im Hause auf links. Nicht für den schönen Schein, aber so durchgreifend, dass selbst Digital Natives konstatieren: „Wow!“

Ab 2016 sollte bei Lenze nichts mehr so sein, wie es war. Zumindest perspektivisch: „Wir bekamen den Auftrag der Geschäftsführung, am Frontend wettbewerbsfähiger zu werden“, erinnert sich Gerd Schüler, Senior Vice President, Process and Quality Management. Frontend-Optimierung bedeutete hier konkret: Der potenzielle Kunde sollte Produkte und digitale Services von Lenze wie selbstverständlich in seinen Workflow integrieren können. Die besondere Herausforderung war, dass einige Produkte und die dazugehörigen Stammdaten/Dokumente etc zu diesen „alten“ Produkten nicht für eine Digitalisierung geeignet waren. Gerd Schüler: „Es war sofort klar: Dafür mussten wir neue Wege gehen, die alles in Frage stellen.“ Und das taten sie dann tatsächlich, indem sie existente technologische Grenzen nicht überschritten, sondern gleich ganz außer Kraft setzten. Lenze ging so weit, ein neues digitales Lösungsangebot zu entwickeln und die Stammdaten einfach neu zu erzeugen.

Ergebnis: Statt serverbasierter On Premise-Lösungen mit begrenzten Speicher- und Rechenlösungen läuft jetzt alles in der Cloud ab. Statt statischer Produktdatenhaltung mit immer neuer Datensatz-Erarbeitung und Pflege unzähliger Varianten setzt Lenze jetzt auf ausgesuchte Informationseinheiten mit hinterlegten Regelwerken. Statt sich weiter in die Abhängigkeit proprietärer Plattform-Lösungen einzelner Software-Anbieter zu begeben, bedient Lenze jetzt unterschiedliche Zielsysteme nach Wunsch und Bedarf. Informationen werden mittlerweile intelligent orchestriert. So bietet Lenze seinen Kunden inzwischen veritablen Extra-Mehrwert in Form kompletter EPLAN Datensätze, die sich in Sekunden erzeugen lassen. Und endeten Unternehmensprozesse und -informationen früher securitybedingt an der eigenen Firewall, vernetzt Lenze seine Produkte mit dem Rest der Welt.

„Wir haben alles neu gebaut“

Wer von Produktentstehung bis Digitaler Zwilling im Lifecycle alles am Kunden ausrichten und gleichzeitig selbst über Generationen hinweg smarter werden will, stellt anfangs die ganz großen Fragen: „Wie baut man Informationen auf? Wie organisiert und strukturiert man Informationen? Wie macht man Informationen so schlank in ihrer Bewirtschaftung, dass man mit weniger Menschen weitaus mehr Leistung erbringen kann und agiler wird?“ Denn geht es nach Taskforce-Leiter Gerd Schüler, war der Neustart bei Lenze weniger eine Frage der IT-Infrastruktur: „An der IT mangelt es nicht, man kann all das kaufen, was man möchte, aber das sind nur Werkzeuge.“ Schneller würden Anbieter und Kunde nur, wenn man Informationen strukturell als Standard verstehe und einen hohen Grad an Wiederverwendung realisiere.

Wie beim Easy Product Finder, heimlicher Star einer ganzen Reihe von „Easy Engineering Tools“, die Lenze dem Markt zur Verfügung stellt. Der Easy Product Finder (EPF) selbst ist ein Online-Tool zur Suche, Konfiguration, Angebotsanfrage und Bestellung von Lenze-Produkten. Der EPF ist wiederum vernetzt mit einem zentralen Informationsportal, in welches EPLAN Engineering Configuration (EEC) als Cloud Service eingebunden ist. Bewirtschaftet wird der Konfigurator von der EPLAN Schwestergesellschaft German Edge Cloud – dem Namen entsprechend in der Cloud.


Wenn Cloud mit Cloud agiert

Der EPF ist eingebunden ins EPLAN Data Portal, das seinerseits in der Cloud-Umgebung von EPLAN hochwertige Produktkataloge zahlreicher Komponentenhersteller vorhält. Wer hier auf Lösungen von Lenze stößt, wechselt beim Klick automatisch von der Cloud in die Cloud, sprich, von EPLAN in die EPF-Umgebung auf der Lenze Website. Bernd Spiegel, Leiter Team Processes and Data bei Lenze, erläutert: „Durch die direkte Anbindung unseres Produktkonfigurators an die neue EPLAN Plattform findet der Kunde sehr schnell sein gewünschtes Produkt. Es entfällt die Artikelsuche in umfangreichen Listen und der Kunde bekommt einen für seine Anforderungen passenden Artikel. Übrigens bringt das Zusammenspiel auch wesentliche Vorteile für Lenze als Hersteller variantenreicher Produkte. Die Pflege der Inhalte des Konfigurators in EPLAN Electric P8 ist für uns deutlich einfacher als die Pflege aller ausgeprägten Varianten einer Produktreihe.“

Ein Praxisbeispiel: Ein Anwender benötigt einen Frequenzumrichter. Über den Lenze Easy Product Finder gelangt er in wenigen Schritten zum geeigneten Gerät der i550 Serie. Die definierenden Eigenschaften wie Bemessungsleistung, Versorgungsnetzform oder Art des Feldbus-Netzwerks werden in die Auswahl einbezogen. Hat der Nutzer sich anhand dieser Parameter für einen Artikel entschieden, können in der Detailansicht des Artikels die zugehörigen EPLAN Daten generiert und anschließend in die Artikelverwaltung der CAE-Lösung importiert werden. Zusätzlich zum konfigurierten Produkt erzeugt das System einen kompletten Satz an EPLAN Daten inklusive Verdrahtungslisten, Schaltschrankaufbauten und Fertigungsdokumentationen aus EPLAN Pro Panel. Lenze Kunden können sämtliche Fertigungsdaten auf Knopfdruck im EPLAN Format herunterladen.

„Den Rest macht die Maschine“

Gerd Schüler erläutert den konzeptionellen Hintergrund des EPF: „Wenn man eine Antriebseinheit nach technischen Einheiten partitioniert, sie klein macht und strukturell anders verwaltet, wird man schnell. Dann habe ich meine „Lego-Bausteine“, kann Produktdaten sehr schnell neu zusammenbauen, verschiedenste Zielsysteme bedienen. Kombinieren wir das mit Regelwerken und gleichen es ab mit Variantenkonfigurationen, entstehen Informationen in Sekunden mit der Entscheidung des Kunden. Wir selbst müssen als Anbieter gar keine Stammdaten mehr anlegen, wir verwalten und bewirtschaften eigentlich nur die kleinen Bausteine und Regelwerke. Der Rest läuft automatisch.“ Und das um Faktoren schneller als zuvor. Lag zuvor der Aufwand zur Generierung eines Datensatzes bei durchschnittlich zwei Stunden, braucht es jetzt nur noch zwei Sekunden, ohne dass jemand eingreifen müsste. Jeden Monat generieren die Kunden durchschnittlich etwa 10.000 neue Produktvarianten, fakturiert aus einem Lösungsraum von 1032 technisch baubarer Datensätze. „1032 bedeutet, dass es mehr Möglichkeiten gibt, Lenze Produkte individuell auszuprägen, als die Milchstraße Sterne hat“, sagt Gerd Schüler, „das geht prinzipiell Richtung unendlich. Daher machte es für uns als Variantenfertiger anders als für Serienfertiger auch weniger Sinn, alles im EPLAN Data Portal klassisch über feste Materialnummern zu hinterlegen. Auf der einen Seite ist dies aufgrund der möglichen Produktvarianz technisch nicht möglich, auf der anderen Seite wäre der Nutzwert sehr gering und macht somit keinen Sinn.“

Bernd Spiegel ergänzt: „Bisher wurden die Daten für EPLAN immer in manueller Weise erstellt: Das mag ein gutes Angebot für Umrichter, Steuerungen und Zubehör mit geringer Varianz gewesen sein. Variantenreiche Produkte wie den i550 konnten wir aber nicht adäquat darstellen, da der Pflegeaufwand für die etwa 2.000 bis 3.000 Varianten zu hoch war und es zu unübersichtlich geworden wäre, wenn wir alle Varianten im EPLAN Data Portal aufgelistet hätten.“ In der Vergangenheit verständigte man sich daher auf einen Kompromiss: Lenze erstellte nur Daten für die einzelnen Komponenten des i550, aus denen sich Kunden das Gerät selbst in EPLAN zusammenstellen mussten. Spiegel: „Es gab regelmäßig Probleme, weil Kunden nur die Bezeichnung des kompletten Umrichters kannten und daraus nicht auf die Komponenten schließen konnten.“ Den Easy Product Finder mit seinen EPLAN Ingredenzien zur Erzeugung und zum Download des kompletten EPLAN Datenpaketes (edz-Datei) für jede Gerätevariante empfindet der Markt da durchaus als neue Leichtigkeit der Konstruktion. Die Annahme wird gestützt von immer höheren Klickzahlen, die laut Gerd Schüler „mit steigenden Umsätzen korrelieren.

Das physische Produkt sei das eine. Die Bereitstellung variantengerechter Informationen das andere – diese erachtet Schüler als „Basisanforderung unserer Kunden“. Und seiner Ansicht nach ist der Charakter einer Basisleistung, dass man sie erbringt. Die EPLAN Datensätze müssten mit oder vor dem Verkauf der Produkte für das Engineering zur Verfügung stehen, das sei obligatorisch. „Wer da nicht mitspielt, wird in Kosten ersticken oder verliert Kunden.“ Denn Fakt sei doch, „dass Daten genutzt und kombiniert werden, um daraus bessere Entscheidungen im Sinne geringerer Lifecycle-Kosten abzuleiten. Das setzt voraus, das Asset exakt zu beschreiben. Dafür ist EPLAN ist die beste Umgebung, weil mit dem Schaltplan jede Beziehung aller Assets in einer Maschine abgebildet ist.“ Schüler führt weiter aus: „Wir sind bei sehr vielen führenden Maschinenbauern präsent. Diese simulieren Inbetriebnahme, Betrieb, Optimierung und Instandhaltung einer Maschine schon zu dem Zeitpunkt, wo sie physisch noch gar nicht existiert.“ Dafür brauche es unter anderem digitale Abbilder für verschiedene Engineering Umgebungen. Der differenzierende Faktor am Markt seien die begleitenden Services. Dazu zähle er auch Datenaustauschformate zur direkten Nutzung in der Prozessumgebung der Kunden.

Digitalisiertes Portfolio in vernetzten Systemen

Mit dem Easy Product Finder habe man den technologischen Durchbruch jetzt geschafft, so Schüler. „Wir werden alle Modelle, also das komplette Portfolio mit allen Baureihen, bis Ende 2023 im EPF aufgebaut haben“, ergänzt Kollege Spiegel. „Ich kommissioniere letztlich nur noch viele kleine Informationsbausteine mit ihren Regelwerken, das ist testbar, das ist prüfbar, das ist alles viel, viel einfacher. Deswegen sind wir auch so schnell.“ Der Binnen-Effekt bei Lenze selbst sei enorm. Automatisch werden mit der Konfiguration und Bestellung durch den Kunden im Easy Product Finder über eine Schnittstelle zu SAP-Stücklisten und Arbeitspläne generiert. Auch hier sei das Wirkprinzip das gleiche: „Leistungen basieren auf Informationsschlüsseln, die wir zwischen verschiedenen Zielsystemen hin- und herschieben. Egal in welcher Cloud was liegt: Die Komplexität steigt dabei nur vermeintlich, in Wirklichkeit tut sie es nicht.“ Was übrigens auch die Attitüde der anwendungszentrierten Generation Z – demografisch zwangsläufig auf den Plan tretender Lenze-Nachwuchs – treffe.

Das einfach Funktionale schätzt Schüler nicht zuletzt an der realisierten Cloud-Lösung. Das Hosting des EPF liegt bei der German Edge Cloud (GEC). „Tatsächlich haben wir hiermit eine belastbare Architektur gefunden, die trägt“, bestätigt Gerd Schüler, „wir wollten ohnehin keine Lizenzen, wir wollten Verfügbarkeiten. Das ist die absolut richtige Strategie zum richtigen Zeitpunkt, das Ganze ist schlank in unsere Tool Chain integriert.“ Ebenso wie EPLAN ein Unternehmen der Friedhelm Loh Group, hat sich GEC auf Edge- und Cloudsysteme für datensensitive Unternehmen spezialisiert. Dr. Sebastian Ritz, Geschäftsführer der German Edge Cloud, erklärt: „Wir entwickeln Lösungen, die es Unternehmen unterschiedlicher Branchen ermöglichen, digitale Wertschöpfung zu erzielen – beispielsweise mit unserer Lösung ONCITE, die sich optimal für performance-kritische Anwendungen in der Industrie 4.0 eignet.“ Mit der Hosting-Lösung durch GEC konnte sich Lenze nicht nur von lästigen Limitierungen bei Hard- und Software befreien, sondern sah auch die ganzheitliche Umsetzung speziell des EPF in einer erfahrenen Hand: „Natürlich ist es für uns auch einfacher, wenn wir nur einen Vertragspartner haben“, so Schüler, „das hat aber auch deswegen hervorragend funktioniert, weil das Domainwissen für die Erzeugung der CAE-Daten bei EPLAN liegt, und EPLAN weiß, wie die Dinge am Ende weiterverarbeitet werden können.“ Bernd Spiegel unterstreicht: „EPLAN hat vieles sehr gut gemacht und ist deutlich weiter als der Wettbewerb. Customizing, Schulung, Reaktionszeiten – alles top. Und dass die handelnden Personen bei EPLAN mittlerweile als gefühlte Kollegen agieren, das ist nicht normal. Das ist bemerkenswert.“

© Images: Lenze
Autor: Ulrich Kläsener, Mediabridges

Lenze-Gruppe im Profil

Die Lenze-Gruppe zählt zu den führenden Antriebs- und Automatisierungsunternehmen für den Maschinenbau. Mit rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwirtschaftete Lenze im Geschäftsjahr 2020/21 rund 700 Mio. Euro Umsatz. 1947 als Stahlkontor Weser GmbH von Hans Lenze in Hameln gegründet, ist die Lenze Gruppe heute mit eigenen Vertriebsgesellschaften, Entwicklungsstandorten und Produktionswerken sowie einem Netz von Servicepartnern in rund 30 Ländern vertreten.

Zur Unternehmensgruppe gehören 43 Gesellschaften, die über eine Holding gesteuert werden. Der Fokus liegt auf der Vermarktung, Produktion und Entwicklung von Antriebs- und Automatisierungstechnik (IoT Gateways, Steuerungen, Umrichter, Getriebe, Motoren) sowie auf digitalen Services für die Fabrikautomation. Der Heimatmarkt der Lenze-Gruppe ist traditionell Europa. Hier werden gut drei Viertel des Konzernumsatzes erwirtschaftet. Nordamerika und Asien sind wichtige Wachstumsregionen.