Voll unter Strom
Die Formula Student ist ein riesiger Erfolg. Wichtige Werkzeuge sind dabei EPLAN Electric P8 und EPLAN Harness proD, mit denen EPLAN eine ganze Reihe von Teams unterstützt.
Die Formula Student ist ein riesiger Erfolg, fast 350 Teams nehmen weltweit am Wettbewerb der Verbrennerklasse teil. Bei den vor wenigen Jahren hinzugekommenen Elektroautos sind es 121 Teams, die sich der Herausforderung stellen. Wichtige Werkzeuge sind dabei die Produkte EPLAN Electric P8 und EPLAN Harness proD, mit denen der Softwarehersteller eine ganze Reihe von Teams unterstützt. Der in den USA schon seit 1981 unter dem Namens Formula SAE veranstaltete Konstruktionswettbewerb wurde 2006 nach Deutschland geholt. Inzwischen treten bei der Formula Student Germany 75 Teams im Wettbewerb für Fahrzeuge mit Verbrennermotor an; seit 2010 wird ein Parallelwettbewerb für elektrisch angetriebene Fahrzeuge veranstaltet, bei dem auch in Deutschland schon 40 Teams teilnehmen. Für beide Wettbewerbe gibt es zudem lange Wartelisten. Das Reglement ist inzwischen sehr ausgefeilt und beschränkt die Leistung durch eine Drossel im Lufteinlass der Verbrenner; bei den Elektrorennern ist die maximale Energieabgabe aus der Batterie auf 85kW begrenzt. Trotzdem beschleunigen die Autos in unter drei Sekunden von 0 auf 100 km/h. Nicht erst seit dem Start der Formula Student Electric spielt die Elektronik eine große Rolle, schon bei den Verbrennern waren ein Kabelbaum und Steuergeräte zu entwickeln und zu bauen. Da das Gewicht des Fahrzeugs aufgrund der Leistungsbeschränkung der wichtigste Faktor ist, über den das Auto schneller gemacht werden kann, wird mit jedem Zentimeter Kabel gegeizt – ohne eine Kabelbaumsoftware ist das kaum zu schaffen. Mit der Formula Student Electric hat sich der Stellenwert der elektrischen Seite des Autos natürlich vervielfacht. Die elektrische Sicherheit ist ein eigener Prüfpunkt – mit maximal 600 Volt im Fahrzeug ist nicht zu spaßen. Die Fahrzeuge müssen eine Isolationsüberwachung besitzen, die den Hochvoltkreis des Autos abschaltet, wenn die Isolierung nicht gewährleistet ist. Über ein rotes Licht wird angezeigt, dass das Hochvoltsystem aktiv ist, und ein Tonsignal zeigt an, dass das Fahrzeug fahrbereit ist. Nicht zuletzt wird die mechanische Verlegung der Kabel begutachtet und ein Regenguss simuliert, dem die Isolierung widerstehen muss. So sind in den letzten Jahren Elektrotechnik-Studenten immer stärker an die zuvor vom Maschinenbau dominierte Formula Student herangeführt worden und mit ihnen ihre Werkzeuge, beispielsweise die Elektrotechniksoftware EPLAN Electric P8 und das Kabelbaumentwicklungssystem EPLAN Harness proD. Das Softwarehaus unterstützt in diesem Jahr neun Teams, darunter auch das beste deutsche Team des Vorjahres von der Universität Stuttgart. Julian Hirschke vom GreenTeam der Uni Stuttgart arbeitet mit beiden Systemen und ist sehr überzeugt von der Software: „Wir setzen EPLAN Electric P8 für den Signalplan ein, der Kabelbaum entsteht dank einer Direktschnittstelle zu Harness proD ohne großen Aufwand aus dem Schaltplan. Ich habe eine sehr gute Schulung bei EPLAN erhalten und bin damit schnell ins System reingekommen. Wir sind dann übrigens in EPLAN Harness proD auf ein Problem gestoßen, das vom Hersteller sofort beseitigt wurde – so stellt man sich das als Anwender vor. Wir arbeiten im Formula Student-Team parallel zum Studium an den Autos, da müssen wir sehr effizient sein. Mit den beiden EPLAN Paketen klappt das sehr gut.“ Matthias Menßen, verantwortlich für Applikation und Auslegung Wiring beim Team „Strohm + Söhne/Noris Motorsport“ der Technischen Hochschule Nürnberg, berichtet von seinen Erfahrungen: „Wir bauen im zweiten Jahr ein Auto der Formula Student Electric. Letztes Jahr bauten wir den Schaltplan und den Kabelbaum sozusagen aus dem Bauch heraus auf und mussten dabei schmerzhaft lernen, wie schwierig und fehlerträchtig es ist, Änderungen einzubringen oder neue Komponenten hinzuzufügen. Wir mussten den Schaltplan und damit auch den Kabelbaum dreimal komplett neu entwickeln, weil die Verkabelung zu unübersichtlich geworden war. Dieses Jahr arbeiten wir mit EPLAN Electric P8, das ist kein Vergleich zu den Excel-Listen des letzten Jahres.“ Menßen weiter: „Auch wenn etwas eingefügt werden muss, ist der Schaltplan immer auf dem neuesten Stand, wir haben einen Überblick über das gesamte Fahrzeug im System. Die Daten in EPLAN Electric P8 bilden sozusagen eine Stoffsammlung, in der alle organisatorischen Dinge – warum ist was wie gelöst – hinterlegt sind. Das ist insbesondere auf das in Bezug auf die Sicherheit strenge Reglement wichtig – wird ein Test nicht bestanden, dürfen wir an den Fahrdisziplinen nicht teilnehmen.“ Menßen hat sich den Umgang mit der Software selbst beigebracht: „Das meiste erschließt sich beim Arbeiten, viele Tipps habe ich auch im Internet gefunden. Jetzt läuft die Arbeit flüssig, besonders effizient arbeitet es sich mit Tastenkombinationen. Im nächsten Jahr werden wir EPLAN Harness proD für die Kabelbaumentwicklung einsetzen. Wir haben bei ersten Tests schon feststellen können, dass die Kabelbaumentwicklung in Harness proD weitere Vorteile bringt, zum Beispiel den Überblick, wie die Bauteile und Kabel dreidimensional im Auto angeordnet sind.“ Beim Team BTU Motorsport der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg ist die Situation ähnlich: Mit EPLAN Electric P8 wird produktiv gearbeitet, in Vorbereitung auf die nächste Saison arbeitet sich das Team gerade in EPLAN Harness proD ein. Der Kabelbaumverantwortliche Dominic Gerahn kennt EPLAN Electric P8 aus der Ausbildung: „Die Software hat damals schon einen guten Eindruck gemacht, und dieser Eindruck hat sich inzwischen in der praktischen Anwendung am Formula Student-Auto bestätigt. Im Gegensatz zu der Freeware, mit der früher hier in der Elektroentwicklung gearbeitet wurde, ist es ein riesiger Unterschied, mit P8 zu arbeiten. Die Bedienung ist einfach und logisch, Bibliotheken von Zukaufteilen bis hin zu den Leitungen sind in vielen Fällen frei verfügbar, und die Pläne, die P8 ausgibt, sind hervorragend. Ich glaube, dass sogar jemand, der noch nie einen Schaltplan gesehen hat, sich nach fünf Minuten Einarbeiten in einem Schaltplan aus EPLAN Electric P8 zurecht findet.“ Die komplette Dokumentation der Elektrik in einem System ermöglicht es nach Gerahns Erfahrung, Fehler schneller und zuverlässiger zu erkennen. Gerahn sieht in EPLAN Harness proD eine wichtige Ergänzung des Workflows: „Der Vorteil von Harness proD ist, dass wir den Kabelbaum dreidimensional im Modell des Autos platzieren können und der Kabelbaum, der nach den Angaben der Kabelbaumsoftware gefertigt wurde, auf Anhieb passt. Das Ziel ist es, den Kabelbaum wie in der Serienfertigung von Autos auf Anhieb an die richtigen Stellen legen zu können. Wir versprechen uns davon weniger Probleme bei der Montage, einen sauberen Aufbau des Autos und eine kürzere Fertigungszeit des Wagens.“ Martin Blodig, Elektrotechnikstudent an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden und beim dortigen Running Snail Racing-Team für den Kabelbaum verantwortlich, arbeitete dagegen hauptsächlich mit EPLAN Harness proD: „Wir importieren die Kabellisten aus unserem Elektronik-Entwicklungssystem mit einem Zwischenschritt über Excel, wo wir noch einige Anpassungen vornehmen, in das Kabelbaumsystem. Die 3D-Geometrie des Fahrzeugs wird aus dem CAD-System in EPLAN Harness proD übertragen. Dort können wir jedes Kabel dreidimensional im Wagen verlegen. Das ist viel angenehmer, als die Kabel einzeln durch das Auto zu ziehen, zudem treten weniger Fehler auf, weil man immer den Überblick hat und das System jede Eingabe gegenprüft.“ EPLAN Harness proD bündelt die einzelnen Drähte und berücksichtigt bei der Darstellung der Kabelstränge und den Verlegeradien die Stärke der enthaltenen Drähte. Das 3D-Modell des Kabelbaums wandert schließlich von Harness proD wieder zurück ins CAD-System, wo unter anderem für die Sitzverstellung Untersuchungen gemacht werden, ob der Platz ausreicht. Steht der Plan, erstellt die Kabelbaumsoftware eine 2D-Ansicht des Kabelbaums, mit dem ein Nagelbrett für die Fertigung des Kabelbaums gebaut werden kann. Die Ansicht wird ausgedruckt, die Kabel auf diesem Plan um eingeschlagene Nägel gelegt und die Bündel schließlich zusammengefasst. „Wir lassen die Abzweigungen ein Stück offen, damit wir beim Einbau ins Auto noch etwas Spielraum haben – nicht weil wir Harness proD nicht trauen würden, sondern weil der Wagen immer etwas von den Plänen abweicht; es handelt sich schließlich um einen Prototypen.“ Beim Team FastForest von der Technischen Hochschule Deggendorf hat man schon einige Jahre Erfahrung mit dem Einsatz von EPLAN Electric P8. Das Team baute im ersten Jahr einen Verbrenner, dann zwei Jahre parallel Elektro- und Verbrennerauto; seit zwei Jahren konzentriert man sich auf die Formula Student Electric. Johannes Hundschell, Verantwortlicher für den Gesamtschaltplan, ist vor allem mit dem Funktionsumfang und der Bedienungsfreundlichkeit der Software zufrieden: „Ich kenne kein vergleichbares Tool, das es uns wie EPLAN Electric P8 ermöglichen würde, komplexe Schaltpläne abzubilden. Und es ist einfach bedienbar, weil es sehr gut an die Arbeitsabläufe der Elektrotechnik und die Denkweise der E-Techniker angepasst ist. Zudem ist EPLAN Electric P8 in der Industrie sehr verbreitet, weshalb viele Bauteilbibliotheken von den Herstellern der Komponenten zur Verfügung gestellt werden. Wir geben das Wissen über die Bedienung von den älteren zu den neuen Teammitgliedern weiter. Das schnelle Einarbeiten ist sehr wichtig, da wir nicht viel Zeit haben – im September startet die Entwicklung des neuen Fahrzeugs, im März muss die Fertigung des Kabelbaums beginnen.“ Zu Hundschells Bedauern reichten die personellen Kapazitäten des Teams in diesem Jahr nicht aus, auch EPLAN Harness proD einzusetzen: „Wir müssen heute warten, bis das Auto fertig ist, und planen dann den Kabelbaum mit den Schaltplänen aus Electric P8. Diese sind zwar eine große Hilfe, wir wollen aber trotzdem im nächsten Jahr unbedingt auch Harness proD einsetzen. Dann könnten wir zum einen viel früher mit der Planung des Kabelbaums beginnen, zum anderen ersparen wir uns böse Überraschungen, wenn wir erst am fertigen Auto feststellen, dass für einen Kabelstrang an der vorgesehenen Stelle kein Platz im Wagen ist. In EPLAN Harness proD entwickeln wir direkt am CAD-Modell und können die Gegebenheiten entsprechend berücksichtigen.“ An der Westsächsischen Hochschule Zwickau arbeitet das WHZ Racing Team mit Harness proD, wie KFZ-Elektronik-Student Christian Sauerbrey erläutert: „Wir arbeiten auf der mechanischen Seite mit Catia und können das Modell des Rennwagens problemlos importieren. Am CAD-Modell können wir dann die Stecker platzieren und die Kabel verlegen. Das Definieren eigener Stecker ist sehr einfach und diese Stecker stehen nach dem Generieren sofort in der Bibliothek des Programms zur Verfügung. Ich habe die Bedienung von Harness proD von den erfahreneren Kollegen gelernt, ich muss sagen, dass man sehr schnell in die Software hineinfinden kann, da sie logisch aufgebaut ist – es erschließt sich schnell, wo man hinklicken muss.“ Die Zusammenarbeit mit dem Hersteller erlebte Sauerbrey sehr positiv: „Der Support ist gut, schnell und kompetent, die Zusammenarbeit war immer sehr unkompliziert.“ Früher führten die WHZ-Teammitglieder ihre Kabellisten in Excel; diese Listen ließen sich sehr einfach in EPLAN Harness proD importieren, so dass das bestehende Wissen aus den Vorjahren nicht verloren war, sondern direkt weitergenutzt werden konnte. Sauerbrey weiter: „Beim Fertigen des Kabelbaums ist die Nagelbrettzeichnung eine große Hilfe, da die Kabellängen genau angezeigt werden. Wir haben den Kabelbaum auch schon eingebaut, und er passt sehr gut!“ Der „Spirit“ in der Formula Student ist ein ganz besonderer, es gibt keine Geheimhaltung wie beispielsweise in der Formel Eins und die Teams helfen sich gegenseitig aus, wenn etwas fehlt. So kommen neue Teams schnell in den Wettbewerb, da die Etablierten nicht mit Ratschlägen geizen, wie im nächsten Jahr ein wettbewerbsfähigeres Auto gebaut werden kann. Effizienz, Teamarbeit, herausragende Leistungen auch unter höchstem Kosten- und Zeitdruck, und das in einem Wettbewerb, in dem die Leistungsdichte extrem geworden ist – so lernen schon die Studenten, extrem effizient zu arbeiten und ihre Werkzeuge voll auszunutzen. Da die Wettbewerbssprache Englisch ist, werden ganz nebenbei die Fremdsprachenkenntnisse geschult. Es dürfte wohl kaum eine bessere Vorbereitung auf das spätere Arbeitsleben geben als die Teilnahme an der Formula Student – von der Genugtuung, selbst ein Auto entwickelt zu haben, und dem Spaß am Motorsport und am Wettbewerb ganz abgesehen.
Hintergrund
Das Konzept der Formula Student sieht vor, dass ein Team eine fiktive Rennsportfirma darstellt, die den Auftrag bekommt, einen preiswerten einsitzigen Rennwagen für Hobbyrennfahrer zu entwickeln. Der Sieger ist nicht unbedingt das Team mit dem schnellsten Auto, darüber hinaus werden die Erfüllung der kommerziellen Kriterien – Preis, Verwendung möglichst vieler Standardkomponenten und Sicherheit – bewertet. Die Bewertung der Teams erfolgt deshalb in sogenannten statischen und dynamischen Disziplinen während eines von acht weltweiten Events, der deutsche Formula Student Event findet jedes Jahr Ende Juli/Anfang August in Hockenheim statt.
Die drei statischen Disziplinen sind Engineering Design, Cost Analysis und Business Presentation. In der ersten Disziplin wird die Konstruktion des Fahrzeugs den Juroren, die aus dem Motorsport und von Autoherstellern beziehungsweise -zulieferern stammen, präsentiert. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf clevere Detaillösungen und den Einsatz modernster Technologien und Materialien gelegt. In der Kostenanalyse müssen die Teams sämtliche Kosten des Fahrzeugs und der Herstellung beziehungsweise des Kaufs der Teile offenlegen. In einer Diskussion müssen die Teammitglieder darlegen können, warum welche Kosten aufgetreten sind. In der Business-Präsentation versucht das Team, in einer zehnminütigen Präsentation die Juroren beziehungsweise fiktiven Investoren von der eigenen Konstruktion zu überzeugen.
Die dynamischen Disziplinen bestehen aus Skid Pad, Acceleration, Autocross, Endurance und Fuel Efficiency. Im ersten Wettbewerb werden zwei Runden einer liegenden Acht gefahren und das Kurvenverhalten bewertet. Die Beschleunigung wird aus dem Stand nach 75 Metern gemessen, im Autocross-Wettbewerb wird eine etwa 800 Meter lange, abwechslungsreiche Strecke auf Zeit gefahren. Der Endurance-Wettbewerb geht über 22 Kilometer mit einem Fahrerwechsel nach der Hälfte der Distanz, gefahren wird auf der Autocross-Strecke. Die letzte Disziplin wird berechnet aus dem Kraftstoffverbrauch im Endurance-Wettbewerb und der durchschnittlichen Rundenzeit.
Vor den dynamischen Disziplinen steht das sogenannte Scrutineering, die Überprüfung, ob die Fahrzeuge dem Regelwerk entsprechen. Dabei wird viel Wert auf die Sicherheit gelegt, unter anderem werden das Kippverhalten des Wagens und das Bremsverhalten getestet, ebenso technische Details wie der Verlauf von Benzin- und Bremsleitungen und die Bauausführung. Zudem muss der Fahrer in der Lage sein, voll angekleidet und angeschnallt – „ready to race“ – innerhalb von fünf Sekunden aus dem Fahrzeug auszusteigen.
Autor: Dipl.-Ing. Ralf Steck, freier Fachjournalist für die Bereiche CAD/CAM, IT und Maschinenbau in Friedrichshafen.
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An der Westsächsischen Hochschule Zwickau arbeitet das WHZ Racing Team mit EPLAN Harness proD.
Bild: WHZ Zwickau
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Aus dem dreidimensionalen Design des Kabelbaums lassen sich in EPLAN Harness proD auch die 2D-Fertigungsunterlagen ableiten.
Bild: WHZ Zwickau